Grußwort

Hermann Leiwen
1994 - 2007

Verehrte Internetgäste aus Nah und Fern, liebe Gesselner Schützenfamilien.

Im Jahre 2006 feiern wir Gesselner Schützen unser 100jähriges Vereinsjubiläum. Gesseln war früher eine Dorfbauernschaft und liegt heute in den Paderborner Stadtteilen Elsen und Sande. Durch die Neubaugebiete Elser Heide haben wir viele Neubürger in unseren Verein aufnehmen können und sind heute zu einer Vereinsmitgliedsstärke von über 700 Schützen angewachsen.

Gegründet wurde unser Verein am 8. Juli 1906 unter dem Namen Bürgerschützenverein Gesseln von jungen Bürgern der damaligen Gesselner Bauernschaft. 52 Mitglieder konnte der neu gewählte 1. Vorsitzende und 1. Oberst Konrad Steins, auch Kaufmann (Kärpmann) genannt, nach der Gründerversammlung zählen. Bereits 2 Jahre nach Gründung wurde die erste Vereinsfahne angeschafft. Diese wird heute noch im Festumzug von unseren Senioren getragen. Für das Schützenfest leihte man sich das Festzelt vom Kriegerverein Elsen. Der 1. Weltkrieg ließ die Vereinsaktivitäten von 1914-1918 ruhen. 1932, ein Jahr nach dem 25jährigen Bestehen und Jubelfest, errichteten die Gesselner ein Ehrenmal für die Gefallenen des 1. Weltkrieges. Für die Einweihungsfeier fiel das Schützenfest aus. Im 3. Reich musste sich unser Verein in Heimatschutzverein Gesseln umbenennen und dem Westfälischen Schützenbund beitreten. Es war viel Geschick angebracht, um die Schützenfeste genehmigt zu bekommen. Mittlerweile besitzen wir Kopien über Anträge und Genehmigungen der NS Behörden. Alle Vereinsakten, bis auf die Kriegsjahre sind von 1906 an erhalten. Glücklicherweise sind nur die Protokolle aus der NS-Zeit von 1939 bis 1945 aus den Büchern herausgerissen und vernichtet worden.

Ein besonderes Ereignis gab es im Jahre 1945: Am 17. Januar ging ein Bombenteppich im Escherfeld nieder. Das Gehöft Fernhomberg auch Jotemeier genannt verschwand vom Erdboden. Paderborn wurde zerbombt. Viele Paderborner flüchteten nach Elsen. Um beim Kirchgang zum Osterfest nicht von dem bevorstehenden Einmarsch der Amerikaner überrascht zu werden, feierten die Gesselner und die zu ihnen Geflüchteten am Osterdienstag mit dem Vikar der Herz-Jesu-Gemeinde Paderborn Hermann Bieker auf Güllensterns Tenne eine Hl. Messe. Während der Messe marschierten die Amerikaner mit ihren Panzern Richtung Elsen durch Gesseln. Eine Panzerbesatzung hatte den Menschenauflauf auf Güllensterns Hof bemerkt und setzte sein Fahrzeug vor das große Tennentor, so dass die Kanone durch die Tür ragte. Keiner wagte sich umzudrehen. Als Vikar Bieker sich nach der Wandlung umdrehte, bemerkte er unter der knienden Gemeinde die Besatzung des amerikanischen Panzers im Gebet versunken. So wurde hier der Anfang geschaffen, aus Feinden Freunde zu werden.

1948, exakt zur Währungsreform, feierte man in Gesseln das erste Heimatfest nach dem Krieg vom 20.-21. Juni. Am 20. wurde bis Mitternacht mit Reichsmark bezahlt und ab Mitternacht (21. Juni) mit DM. Vor Mitternacht gab es kaum etwas zu kaufen, nach Mitternacht in Hülle und Fülle. 1952 feierte man das 1. „richtige“ Schützenfest mit Vogelschießen. 1956, zum 50jährigen Vereinsjubiläum, veranstalteten die 142 Vereinsmitglieder einen historischen Festumzug. Im folgenden Jahr wurde die heutige Schützenuniform eingeführt. Seit 1961 feiern wir unser Schützenfest an der Stelle unseres heutigen Schützenplatzes. Dort errichtete unser Ehrenoberleutnant Willi Meiß 1962 einen Schießstand für das Vogelschießen. Dieser Prototyp diente als Muster für viele Schießstände in der Bundesrepublik. 1965 wurde ein Toilettenwagen angeschafft, der über 30 Jahre seine Dienste bei uns und manchem Nachbarverein leistete, bis er aus Altersschwäche ausgemustert wurde. 1969 erfolgte die Gründung der Jungschützengruppe, die 1970 mit dem Bau einer Schießhütte und der Errichtung eines 6mm KK-Standes das bis heute regelmäßig an den Sonntagen von März bis November zwischen 10 und 12 Uhr stattfindende KK-Schießen veranstaltet. Heute wird dieses Schießen von der Schießsportabteilung durchgeführt. Die Schießhütte wurde im Jahre1985 erneuert.

Nach 70 Jahren wurde 1977 eine neue Vereinsfahne angeschafft und eingeweiht. 1985 bauten wir unsere heutige Toilettenanlage. 1986 wurde der Verein ins Vereinsregister eingetragen und nennt sich nun Schützenverein Gesseln 1906 e.V. Im gleichen Jahr wurde unser Vereinsarchiv zum ersten Mal vorgestellt. Ewald Hanselle hatte in monatelanger Kleinarbeit dieses zusammengetragen. Heute ist er immer noch für dieses Archiv zuständig und hat in 20 Jahren die gesammelten Werke verdreifacht oder sogar vervierfacht. Unter anderem bekam er 2004 für diesen ehrenamtlichen Einsatz die Verdienstmedaille des großen Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland. 1986 beteiligten wir uns auch am Umzug der 950 Jahrfeier von Elsen mit einem Festwagen und einer historischen Gruppe. Nachdem uns die Familie Marx den Festplatz gekündigt hatte, versprach uns unser damaliger Bürgermeister Wilhelm Lüke im Jahre 1989 bei der Festumzugansprache: „Ich werde es nicht zulassen, dass die Gesselner eines Tages ohne Schützenplatz dastehen“. Er hat Wort gehalten. 1991 konnten wir unseren heutigen Platz einweihen. 3000m² hat uns die Stadt Paderborn verpachtet und wir können heute ein Areal von 5400m² unser Eigen nennen. Wir haben diesen Platz „Schützenplatz Lammers Eichenwäldchen“ getauft. Im Jahre 1993 erwarben wir die von uns gemieteten Schützenfestzelte und verpachteten sie in den Sommermonaten. Dieses Kapitel haben wir im Jahr 2001 mit dem Verkauf der Zelte abgeschlossen.

In den Anfangsjahren unseres Vereines hat der Vorsitzende öfter gewechselt. Ich bin zwar der 14. Vorsitzende in unserer Vereinsgeschichte, aber erst der 5. in den letzten 50 Jahren. Viele Jahre wurde unser Verein von der Familie Kohle angeführt. Vater Heinrich Kohle 9 Jahre und seine Söhne Franz 16 und Fritz 17 Jahre. Wir bestehen nur aus einem Batallion und haben keine Kompanien. Wir gehören keinem Verband oder Bund an. Wir haben eine Seniorenabteilung, in der Ehefrauen, Partnerinnen und Witwen bei Abstimmungen stimmberechtigt sind, obwohl sie nicht Mitglieder unseres Vereines sind. Diese Gruppe ist sehr aktiv und trifft sich alle 2 Monate und macht manche Ausflugsfahrt. Wir haben eine Jungschützenabteilung, die seit über 30 Jahre äußerst aktiv ist. Ich denke da nur an die Organisation und Durchführung des Osterfeuers, der Beteiligung am Familiennachmittag, der Aufgaben zum Schützenfest und Winterball, der Nikolausbesuche, der Weihnachtsfete und vieles mehr. Wir haben eine Schießsportabteilung, die zwar keine Wettkämpfe im historischen oder WSB Bereich durchführt, die aber durch das Sonntagsschießen viele Mitglieder zu einem geselligen sportlichen Vormittag verhilft. Hier haben schon einige spätere Sportschützen (u.a. JuniorWeltmeister) ihre ersten Schüsse gemacht.

Zum Festumzug am 16. Juli 2006 erwarten wir weit über 1000 Schützen. Mit ihnen und den Gasthofstaaten, sowie allen Gästen, wollen wir unser Jubiläum gebührend feiern. Ich lade sie zu unseren Feierlichkeiten auch im Namen meiner Vorstandskollegen und unserem Königspaar recht herzlich ein.

Mit freundschaftlichem Schützengruß

Hermann Leiwen Oberst